Schwarze Pumpe

Die Geschichte »Schwarze Pumpe« ist die Letzte, die auf diesem Design veröffentlicht wird. Das Buckminster-Template geht, wie in dieser Zeit und zum heutigen Thema passend, endgültig vom Netz, und wird abgelöst durch einen von Grund auf programmierten Nachfolger. „Mein Opa hat damals regelmäßig Kohlen geschippt, bis zu meinem 5. Lebensjahr war das Dorf Drochow meine Heimat. Schon damals hatte ich eine Bindung zu diesen Briketts und kann mich noch genau an den Geruch, die Haptik und die seichten Staubwolken erinnern, wenn die Kohle vor unserem Keller abgeladen wurde. Vor zwei Jahren also war ich plötzlich auf der Suche nach sogenannten Zierbriketts und hatte noch keine Ahnung, wo ich sie herbekommen sollte. Meiner Intuition folgend, bin ich dann schließlich bei Ihnen im Büro und im Kohleparadies gelandet. Das war ein tolles Gefühl. […] Man kann ja Ihre Begeisterung für unsere „schwarze Kunst“ förmlich durch das Netz spüren!“

Warum es manchmal angenehmer ist, mit der Vision verhaftet zu bleiben. Wenn der Weg das Ziel ist. Wie die Seele reagiert, wenn sie ein Gebiet (größtenteils) durchdrungen hat. Senftenberg (Brandenburg), an einem Freitagnachmittag im Mai: Dass Familienfeiern einer Bestrafung Gottes gleichkommen, daran bestand lange Zeit kein Zweifel. Wenn der Onkel runden Geburtstag feiert und er über die bekannten Gesichter hinaus alle möglichen Klatschundtratschtanten einlädt, wie soll sich ein großstädtischer Geist, der ständig Futter und Inspiration braucht, inmitten dieser Gesellschaft fühlen? Überflüssig, und, wie sonst auch, als schwarzes Schaf der Familie. Leute, die ich nicht (oder kaum) kenne, stellen Fragen, die ich nicht beantworten will. Wo der Exit-Button ist, war an diesem Freitagnachmittag erst nicht ersichtlich. Also Tagträume zulassen und stoisch aus dem Fenster gucken. An den Opa denken, der nicht weit entfernt auf dem Friedhof liegt, weil er 2006 verstorben ist. Meine Omi hat ihn schon 17 Jahre überlebt und ist geistig immer noch topfit. Am interessantesten sind ihre Erzählungen von früher, zum Beispiel als sie Stasileute im herrischen Ton abgebügelt hat. Oder über Schabernack, der Teil ihrer Persönlichkeit war. Und allmählich entsteht ein Bild, das es ohne die Familienfeier an diesem Freitagnachmittag nicht gegeben hätte: Kohlebriketts. Da war doch Opa, der hat immer Kohlebriketts geschippt, und die Kohle war so toll, wo gibt’s Kohle? Ein Glitzern in der Seele. Kaufen oder im Internet bestellen hat keinen Stil. Es musste ein natürlich aussehender Berg Kohle sein. Und Zierbriketts. Die sind sexy. Beides zusammen (Berg und Briketts) unbedingt noch an diesem Freitagnachmittag. „Sach ma‘ Omi, wer stellt Kohlebriketts in der Lausitz her“?

Lausitz Energie Kraftwerke AG/Lausitz Energie Bergbau AG, Schwarze Pumpe

»Schwarze Pumpe« hat als Antwort gereicht, alles Weitere kann man sich zusammenreimen. Aha. Es gab ein Ziel, und einen triftigen Grund, mich für 2-3 Stunden abzuseilen. Ohne Widerworte, ohne Indenwegstellen, und auch ohne familiäre Kommentierung, denn die würde unmittelbar mit einem verbalen Holzhammer vor den Kopf geahndet werden. Alles, was die Seele in diesem Augenblick für ihr Glück und ihre Gesundheit braucht, ist diesem Impuls nachzugehen.

Schneller als die Polizei erlaubt mussten ca. 30 km Strecke zurückgelegt werden. Scheiße, bin ich zu spät? Hoffentlich nicht! Schnell parken und mit Herzblut reinrennen, ins Verwaltungsgebäude der Kohlefabrik. Guten Tag! [2 Minuten Bearbeitung des netten Herrn am Empfang]. Der Mitarbeiter schüttelt lachend seinen Kopf und fängt an zu telefonieren, ob denn Herr Richter noch bei der Arbeit sei (Betriebssteuerung und Fachbereich Veredlung). Ok, Herr Richter soll noch da sein, für ca. 30 Minuten. Die erste Weisung des netten Herrn vom Empfang war nicht ganz richtig, denn in dem Gebäude, das ich ansteuern sollte, saß Herr Richter nicht mehr. Noch einmal ins Verwaltungsgebäude rennen. Die zweite Weisung wird deutlich komplizierter, denn nun muss das Fabrikgelände befahren werden, um dann irgendwo am hinteren Ende bei Ralf Richter zu landen. Auf Umwegen und weitere 10 Minuten später bin ich da. Herr Richter holt mich unten am Eingang ab, etwas verdutzt aber sehr freundlich und offen. Wir unterhalten uns mindestens 20 Minuten lang, danach hat er die Überraschung des Tages für mich, denn etwas tiefer im Gebäude liegt der sogenannten Kohlenkeller, ein Raum mit gelagerten Zierbriketts aus vorangegangenen Auftragsproduktionen. Kurze Zeit später stehen wir beide in diesem Paradies, in dem es duftet, wie ich es mir vorgestellt hatte. Und Herr Richter, der viel über Kohle, ihre Verarbeitung und Veredlung zu erzählen hat, erlaubt mir, einige Zierbriketts als Andenken mitzunehmen. Das Highlight war ein Brikett mit der Heiligen Barbara drauf, die Schutzpatronin der Bergleute.

Bei der Abfahrt komme ich an einem Berg Kohle vorbei, wie ich ihn vor meinem geistigen Auge visualisieren konnte. Mein B-ATman und ich bleiben noch einen Moment lang stehen, um in Ruhe auf diesen Kohleberg blicken zu können. Ein bisschen wie damals, vor unserem Haus.

Etwa 1 Jahr, nachdem Buckminster NEUE ZEIT am 17. Februar 2020 offiziell aufs Gleis gestellt wurde, kreuzten sich unsere Wege erneut:

„Nach einiger Überlegung kann ich mir vorstellen, Kunden die Möglichkeit einzuräumen, exklusive Zierbrikettauflagen über uns und mit Ihrer Hilfe fertigen zu lassen. Sie hatten angedeutet, dass dies natürlich nicht Ihr Kerngeschäft ausmacht, die Voraussetzungen für eine derartige Produktion sind dennoch gegeben. Wir wollen nichts künstlich aufblähen, sondern die Dinge klein, effizient und elegant halten. Attraktiv wird es für uns, wenn Sie uns 1 Auflage pro Quartal anbieten können, ab ca. 1.000 Stück je Auflage. Die Veredlung (z.B. Bemalung) würden wir anschließend selbst veranlassen und diese beispielsweise über Werkstätten realisieren lassen, die verstärkt Inklusion betreiben und behinderte Menschen erfolgreich in das Arbeits- und Geschäftsleben eingliedern.

[…]

Glück Auf! Frau Nixdorf,

mein Kollege Herr Richter hatte mich bzgl. Ihrer Anfrage für die Produktion von Schmuckbriketts nach Ihren Gestaltungsvorgaben informiert. Nun ist es an mir, diesbezüglich einen Preisvorschlag zu formulieren. Wie Sie wissen, würden wir Ihre Gestaltungsvorschläge auf Umsetzbarkeit überprüfen und Ihnen die technische Machbarkeit signalisieren. Danach würden Sie uns Ihren Auftrag erteilen, den wir dann zeitlich entsprechend unserer Kapazitäten einordnen.

[…]

Sie haben während unseres Telefonats interessante Dinge angesprochen, z.B. dass man tiefergehend die positiven Aspekte des zu verarbeitenden Rohstoffs sieht und darüber aufklärt. Da ich über Braunkohle aber viel weniger weiß als Sie, möchte ich Sie bitten, uns diesbezüglich Material und Informationen zukommen zu lassen. Das kann gerne auch stichpunktartig sein, ohne Schönheitspreis.

[…]

Herr Richter war so freundlich, gleich ein paar sehr detaillierte Ausführungen zusammenzufassen, die ich teilweise ein wenig ergänzt habe.

Gestaltung:

Möglich sind (fast) alle Motive, soweit sie auf der Größe eines Briketts darstellbar sind. Die Motivvorlage muss als PDF-Datei vorliegen und wird an der Graviermaschine eingescannt. Die Schrifthöhe sollte mindestens 7 mm betragen, der Abstand zwischen den Zeichen mindestens 1 mm. Die Schriftart kann beliebig sein (Handschrift/ Schriftzug wurde noch nicht getestet, sollte aber machbar sein).

Praktischer Tipp:

Fertigen Sie sich eine Schablone des Briketts (Sie hatten ja ein paar Muster mitgenommen.) und versuchen Sie mit einem Filzstift, Ihre Vorstellungen darauf zu bringen. Sicherlich haben Sie auch einen kreativen Menschen an der Hand, der mit Photoshop o.ä. Programmen umgehen kann. Vom Rand ca. 2 mm Abstand einhalten, bricht sonst aus!

Bearbeitungszeitraum:

  • Herstellung des Sonderstempels, Einordnung in den Produktionsprozess, 1 Woche
  • Pressung und Abkühlvorgang im Sandbett, 3 Wochen
  • Lackierung und Verpackung, 1 Woche

Beachte: Es gibt nur einen Graveur, der kann auch einmal krank sein oder Urlaub haben -> langfristig Auftrag auslösen!

Diese Zeitschiene gilt für eine Auflage von 1.000 Stück.

Makulatur:

Die Schmuckbriketts werden 2 x sortiert:

  1. gleich nach der Produktion, bevor sie in den Sand gelegt werden,
  2. im Arbeitsschritt nach dem Sand, bevor sie lackiert/ getaucht werden.

Zu der bestellten Anzahl Briketts liefert unsere Vertragsfirma ca. 5 % zusätzliche Steine aus (50 Stück), um Schäden bei Verpackung und Transport auszugleichen.

Transport zum Kunden:

Auf dem Werksgelände im Industriepark Schwarze Pumpe ist die TSS GmbH als Transportunternehmen ansässig. Wir können gerne für Sie Preise erfragen; die Übernahme der Kosten wird dann entsprechend im Vertrag geregelt. Eine Abholung durch Sie kann natürlich auch erfolgen.

Zum Thema Prosa können wir uns sicherlich mal telefonisch vereinbaren. Mit den oben beschriebenen Fakten haben Sie nun erstmal „Futter“ für weitere Überlegungen, für die ich Ihnen viel Spaß und Kreativität wünsche.

[…]

man kann ja Ihre Begeisterung für unsere „schwarze Kunst“ förmlich durch das Netz spüren!

Wir bieten nur eine Formatvariante zur Fertigung an > den GB 182 als unseren größten Stein. Falls noch einmal die Abbildung eines GB-Steines mit den Abmaßen benötigt wird, finden Sie diese hier! Bitte als vertraulich behandeln! (Buckminster NEUE ZEIT: Über die Schwalbung veröffentlichen wir nichts, haben aber entsprechendes Wissen angeeignet)

Ich habe mit unserer Vertragsfirma besprochen, dass ihr bei einer Fertigung dabei sein könnt, leider erst nach Aufhebung der Besucherbeschränkungen durch Corona. Wenn eine Fotoerlaubnis vorliegt, dürfen auch Bilder gemacht werden. Danach könntet ihr die Formzeugschleiferei besuchen, also die Werkstatt, in der der Sonderstempel graviert wird. Sehr interessant, das Ganze hat etwas von Manufaktur (wie früher zu Opas Zeiten – wird Ihnen also gut gefallen!). Ich soll Ihnen ausrichten, das wäre der mystische Ort gewesen, an dem der Film „Der Zauberlehrling“ gedreht wurde!!

Etwas abschweifende Konversation:

„drängt sich mir die Frage auf, ob es eine besondere Bewandtnis damit hat, wenn der rote Blutmond über dem alten Luisenfriedhof steht? Ist es da besonders gruselig oder lockt es eher die Romantiker an diese außergewöhnliche Örtlichkeit? Liebe Grüße! […] Dann komme ich als Vampir verkleidet über den Zaun gestiegen und klopfe an Deine Fensterscheibe! Oder lieber nicht; ich will doch nicht ein paar mit der Bratpfanne übergezogen bekommen! Aber vielleicht sehen wir uns ja bald, wenn Du von meinem Angebot zur Fabrikbesichtigung Gebrauch machst!“

Das mache ich!

Anbei erste Anzahlung auf einen Deiner vielen Wünsche! Scan: Artikel über „Die Geburtsstunde der Briketts“, August 2008

Im nächsten Schritt folgte die Werksführung, verbunden mit der Abnahme von Foto- und Bewegtbildmaterial zur Herstellung des Trailers. Um es kurz zu machen: die LEAG wollte einen angepassten Film, wir einen unangepassten. Image vs. Authentizität. Die Differenz in den Vorstellungen ließ sich nicht überbrücken, was dazu führte, dass das Projekt nicht mehr weiterverfolgt wurde. Und vielleicht sollte es das auch nicht. Eine Vision bleibt dann eine Vision. Obwohl die Vision unseres Unternehmens schon viel praktische Gestalt angenommen hatte. Mit der kompletten Umsetzung (Kommunikation, Kundengewinnung für diese Nische, Herstellung, Produktion, Man/Womanpower organisieren) wäre eine weitere, nicht unbeachtliche Anstrengung verbunden gewesen, und die Frage war, ob ich das wirklich möchte. In einen Rhythmus hineingeraten, der mich wieder überwiegend am PC und Telefon bindet. Die viel schönere Arbeit, nämlich unter körperlicher Bewegung und der Hinzunahme händischer Geschicklichkeit, machen andere Menschen; in der Fabrik, in den Werkstätten oder wo auch immer. Den Trailer wollen wir dennoch zeigen, zusammen mit dem niedergeschriebenen Gesamterlebnis, das gleichzeitig auch ein Lernerlebnis war. Der Kopf hat Wissen aufgenommen, das das Gehirn vorher nicht kannte und demzufolge auch nicht abrufen konnte. Halbpraktisch und zumindest im Gedanken weiß ich jetzt (und wissen unsere Leser/innen), wie die Herstellung von Schmuckbriketts funktioniert. Die komplette Umsetzung bleibt vorbehalten. Vielen Dank an die Menschen, die über 2 Jahre an diesem Prozess mitgewirkt haben. Glück Auf!

© Buckminster NEUE ZEIT
Trailer: MC.N, Chris Kling, Jonas
Bild am historischen Fahrzeug (Privatarchiv).
Hinweise zu dem Fabrikat des Fahrzeugs werden dankend entgegengenommen.
Bild Schwarze Pumpe (Schwarz/Weiß) von Mike Schw.; Farbaufnahme LEAG-Edit
Titelsong Lena Zavaroni – Somewhere South Of Macon

M A K I N G  A N Y T H I N G  P O S S I B L E