JVA Shops

Unser Kombinat hat ein Faible für die Justiz. Regelmäßig setzen wir uns für Recht und Gerechtigkeit ein, ziehen vor die Gerichte oder werden gezogen. Prall gefüllte Aktenordner entstehen. Um die Welle an Dokumenten zusammenhalten und unterscheiden zu können, bedarf es gründlicher Ordnung. Für die Einrichtung seiner kanzleiartigen Bastion hat sich Buckminster NEUE ZEIT an Quellen orientiert, die auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen.

Hinter den Mauern zahlreicher Justizvollzugsanstalten herrscht reger Betrieb. Handwerk, Druckereien, Gartenarbeit, Möbelschrauben, Glasbläsereien. Alltägliche Prozesse und Produktionen sind fester Bestandteil des Strafvollzugs, in dem Häftlinge körperlich und geistig aktiv werden. Die Zeit hinter Gittern soll sinnvoll gestaltet werden und nützt beiden Seiten. Justizvollzugsanstalten schaffen allerhand Angebote, die von Häftlingen kreiert, produziert oder finalisiert werden. Draußen gibt es Abnehmer, die vom Weg der breiten Masse abweichen und etwas Neues versuchen, indem sie ihren Einkauf oder ihre Bestellung in sogenannten JVA Shops tätigen. Buckminster NEUE ZEIT hat einige von ihnen zusammengestellt und aufgelistet. Unsere erste Bestellung waren Aktengurte in Senfgelb. Parallel haben wir der JVA Tegel einen Besuch abgestattet und sahen uns mit der Frage konfrontiert: Was braucht es, einem anderen zu helfen?

Dazu weiß eine Lesequelle: „Anlässlich des 115. Geburtstag des früheren Gefängnispfarrers und antifaschistischen Widerstandskämpfers Harald Poelchau (1903 -1972) wurde am 5. Oktober 2018 vor und in der Justizvollzugsanstalt an der Seidelstraße 39 im Berliner Ortsteil Tegel eine Skulptur der Künstlerin Katrin Hattenhauer feierlich eingeweiht. Die 1,75 große Skulptur aus braun patiniertem Edelstahl im Innenhof des Gefängnisses zeigt die Silhouette eines Mannes, der mit einer Aktentasche durch eine Mauer schreitet. Er blickt in einen Spiegel mit der Aufschrift „Was braucht es, einem anderen zu helfen?“, der in eine Mauer eingelassen ist. Vor der JVA ist gleich beim Besuchereingang ein weiterer Spiegel dieser Art an der Ziegelmauer angebracht. Die Künstlerin und ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin hatte das Denkmal gemeinsam mit Inhaftierten erarbeitet, denn trotz Poelchaus langjährigem Engagement im Gefängnis Tegel unter lebensbedrohlichen Bedingungen gab es bisher dort keinen Hinweis auf sein Wirken. Die Veranstaltung zur Erinnerung an den mutigen Gefängnispfarrer Harald Poelchau, zu der auch ein Gottesdienst in der Anstaltskirche gehörte, wurde vom Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung, Dirk Behrendt, und der Generalsuperintendentin für den Sprengel Berlin der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), Ulrike Trautwein, eröffnet.“

Sinnvolle Arbeit für Häftlinge während des Vollzugs finden wir eine wichtige und gute Sache. Der gesamte menschliche Körper funktioniert wie ein großer Muskel. Wird er nicht trainiert, sackt er in sich zusammen und kann möglicherweise nie mehr richtig aufgebaut werden. Den Menschen im Gefängnis wird durch das Schaffen von Betätigungsfeldern eine Perspektive geboten. Nicht nur für die Zeit im Vollzug, auch als Vorbereitung für ihre Freiheit. Sehr junge Häftlinge beispielsweise, die noch keine abgeschlossene Berufsausbildung besitzen, können in der JVA eine berufliche Qualifikation erwerben und anwenden.

Das Prinzip der Hilfe und Unterstützung lässt sich weiterstricken. Buckminster NEUE ZEIT erschließt neben den zahlreichen JVA Bezugsquellen auch noch weitere Quellen, die benachteiligten Menschen unter die Arme greifen. Beispiele hierfür sind Sozialmanufakturen und spezialisierte Werkstätten, wie die Compass GmbH aus Berlin.

Unseren blauen Aktenwagen bekamen wir übrigens vom freundlichen Inhaber eines Architekturbüros geschenkt. Aus dem ungeplanten Zusammentreffen auf einem Onlinemarktplatz für Kleinanzeigen ist eine interessante Erfahrung geworden, da die Gesellschaft verlernt zu haben scheint, dass sie Geschenke guten Gewissens, beruhigt und ohne Gegenangebot annehmen kann. Wir glauben, es wäre eine Beleidigung im Herzen des Schenkenden, wenn seine Großzügigkeit auf Abwehr oder Ablehnung stoßen würde. Wer gibt, der freut sich. Wenn Sie das nächste Mal also etwas geschenkt bekommen (sollen), nehmen Sie das Geschenk dankend und ohne quälende Gefälligkeitsfragen- oder Gedanken an.
© Buckminster NEUE ZEIT, Fotografie Mika C. Nixdorf; Makroaufnahmen via Micro Nikkor Objektiv, Bild-Edits McNamara X Alex Slobzheninov (Colored Artboards & Logotype)