Anon + Aaron

Heute erzählen wir Ihnen, warum Aaron Carter nie einen Grammy gewinnen wird, und wie es möglich sein könnte, einen Anon „Anonymous Hacktivisten“ von AnonLeaks aus der Anonymität zu heben. Jahresendspurt. Lese- und Studierzeit nicht berechnet, geschätzt zirka 20 Minuten. Achso: Um unseren Artikel bildlich emotional gut ausdrücken zu können, leihen wir uns ausgewählte Emojis aus dem Anon-Bildbestand (nicht so schwer).

Leseempfehlung: Desktop PC

Ein Drama, das wir hausintern seit über 6 Jahren beobachten, ist das von Aaron Carter mit Justin Bieber und der internationalen Musikindustrie. Nicht andersherum. Kurz gesagt geht es um fehlende Anerkennung, verletzten Stolz, Pech im Leben sowie schlechte und gute Berater. Aaron Carter war als Kind und Teenager populär und erfolgreich, seine „Peak“ jedoch bald erreicht. Für ihn folgten dunkle Episoden, die er 2016 mit einem musikalischen Comeback endgültig überwinden wollte. Sein Album LøVë stand in den Startlöchern, darunter zwei vielversprechende Singleauskopplungen (u.a. Fool’s Gold und Sooner Or Later). Das Künstler Management oblag seinerzeit Sony und Steve Zap. Gut möglich, dass beide Labels mit der Vermarktung nicht richtig Gas gegeben haben, denn Fool’s Gold brachte nicht den ersehnten Durchbruch und auch keine Rehabilitation Carters. Monate früher, im Jahr 2015, zelebrierte Justin Bieber sein phänomenales Comeback mit seinem Purpose Album und der anschließenden Welttournee. Bieber und sein Team rund um Manager Scooter Braun gingen national und international durch die Decke. Carters Single Fool’s Gold wurde am 01. April 2016 veröffentlicht, das komplette Album zog 2018 nach (zeitlich wohl sehr ungewöhnlich). Beide Künstler fanden in der Presse Erwähnung, darunter auch im Billboard Magazin, was als belastendes und eskalierendes Moment bezeichnet werden kann. Denn als Carter ein Interview über sein Comeback gab, erschien mit kurzem zeitlichen Abstand ein Interview mit Biebers Entertainment Attorney Aaron Rosenberg, der einer mehr als unschönen und unfairen Frage stattgab und diese in Bezug auf Bieber beantwortete. Allerdings sollte gesehen werden, dass sich Rosenberg die Frage keineswegs selbst ausgedacht hat, die Idee für die Frage kam von Billboard selbst. Die Frage im Wortlaut: „How did you get Justin Bieber to not turn out like Aaron Carter?“ Aus moralischer Sicht hätten Bieber und sein Team diese Frage ablehnen müssen, denn sie insinuiert, dass es für Aaron Carter kein Comeback gibt. Dass der Interviewer Billboard beide Künstler gegeneinander ausspielt, wirkt sehr verstörend. Eine Reaktion Carters blieb nicht aus, wie wir in diesem Video sehen:

„It’s like kicking a handicap person.“

Quellen: Billboard und Contrastmag

Möchte man die Rolle Carters in den darauffolgenden Jahren seit 2016 beschreiben, zeichnet sich ein Bild ab, das mit dem hierzulande bekannten Drachenlord kongruent wird. Das Internet verhöhnt und verspottet. Carter aber ist ein anderer Typ, er leidet an psychischen Störungen; er hasst seine Hater aus tiefster Seele; er übertreibt und stapelt eher zu hoch als zu niedrig; Carter lügt, manipuliert und lässt sich gehen, was total schade ist. Der Beef mit Justin Bieber (den nur er hat, nicht Bieber mit ihm) lässt ihm keine Ruhe. Öffentlich geht Carter sein Label Sony und seinen Manager Steve Zap an, teilt mit, dass er Betrügern und Abzockern aufgesessen sei. Die Kooperation endet daraufhin; Sony entlässt Carter schneller, als der seine Zigarette nehmen und anzünden kann. Danach wird alles nur noch schlimmer. Aaron Carter verliert und verwässert seine musikalische und künstlerische Identität, möchte als Rapper, Singer/Songwriter, Producer, Actor und Dancer wahrgenommen werden. Über die Jahre hat er seine Stimme aber nie mehr richtig trainiert, sodass Akustik Versionen seiner Releases qualitativ nicht überzeugen können. Carter trägt bald gefälschte Rolex Uhren, wertlose Protzketten, er posiert vor, mit oder in teuren Fahrzeugen, die ihm nicht gehören, und er definiert sich auch mehr über das Materielle denn über seine Gesangsleistung. Carters Äußeres vollzieht einen Wandel, es kommen Tattoos hinzu. Darunter ein besonders großes, unansehnliches von Rihanna als Avatar quer über Teile seines eigentlich zarten Gesichts. Den Tätowierer, der Carter zwar von weiterem Übel abgehalten hat (Aaron wollte das Motiv noch großflächiger) aber dennoch nicht gänzlich davon absehen wollte, dessen Gesicht zu verschandeln, müsste man heute noch ohrfeigen. Wesentlich schlimmer wiegt aber die Tatsache, dass Aaron, der auch weiterhin Musik produziert, dies in seinem Privathaus macht, das öffentlich als Spermahöhle verschrien ist, denn Carter betreibt regelmäßig Geschlechtsteilpräsentation für Geld auf der Schmuddelplattform OnlyFans. Dieses geschmacklose Material, das seine Zuschauer aufnehmen und verbreiten, geistert für alle Ewigkeit durch das weltweite Netz. Davon kann sich niemand mehr erholen, erst recht nicht Aaron Carter, dessen Image vorher schon als beschädigt galt.

Aarons Antlitz und seine Identitätsprobleme werden beruflich zum Verhängnis, denn kein seriöses Label möchte so eine Person repräsentieren. Carter hat sich in eine Spirale begeben, aus der er nicht wieder herausfinden kann, denn auch künftig wird kein bekanntes Label mit einem Plattenvertrag auf ihn zukommen wollen. In der Vergangenheit hatte die Öffentlichkeit nicht nur seine Musik nicht hinreichend beachtet, sie hat auch seine selbst gestaltete Kleiderkollektion in der Luft zerrissen und ihr jegliche Existenzberechtigung abgesprochen. Bei der Promotion für die LØVË Collection kam es dann zu Kunstraub und Urheberrechtsverletzungen, denn Carter nutzte ohne Erlaubnis oder Quellenangabe Artwork des deutschen Künstlers Jonas Jödicke. Als Jödicke mit Unterstützung der Öffentlichkeit auf den Diebstahl aufmerksam wurde, appellierte er an Carter über den Nachrichtendienst Twitter und bekam sinngemäß als Antwort zurück, dass Jödicke froh sein könne, dass Carter seine Kunst überhaupt verwenden würde. Seinen Satz beendete Carter mit dem Wort „Fuckery“. Die Community rief kurzerhand Hashtags wie #AaronCarterArtThief ins Leben, diese gingen viral und stärkten den Rücken des beraubten deutschen Künstlers. Carter stand wütend, ziemlich doof und entlarvt da. Der Sympathieverlust nahm weiter Fahrt auf und geht bisweilen weit unter die Gürtellinie. Nachdem Aaron erst vor kurzem Vater wurde, lasen sich kurz darauf ziemlich gravierende (hässliche) Dinge über ihn im Internet (z.B. als er seinem gerade geborenen Sohn einen Kuss ins Gesicht gab):

„Creepy #AaronCarter giving his son herpes“

Zur Verteidigung Carters möchten wir sagen, dass es im November dieses Jahres nach einer positiven Wendung für ihn aussah. Er und sein neu um ihn herumgebautes Team kündigten ein Album Carters und die Single „So much to say“ an. Namhafte Produzenten und Künstler (u.a. Winter Havens, Nicholas Shane, Jeremie Inhaber) fielen im Kontext der Vorankündigung erhellend auf. Es wirkte so, als hätte endlich eine fähige Crew das Ruder für Aaron übernommen. Sie entwarfen, verteilten und promoteten Material, darunter auch visuelles:

Der Song wurde (scheinbar) form- und fristgerecht veröffentlicht. Die Frist stimmt, auf die Form kommen wir gleich zu sprechen. Alle Eier legte oder legt Aaron sich ja meistens selbst, weswegen er in diesem Leben auch keinen Grammy mehr überreicht bekommen wird, auch wenn er ihn sich so sehr wünscht und mit dem Release von „So much to say“ bereits irrig davon spricht. Der Song klingt eigentlich schön, wir hatten ihn erst kürzlich als Untermalung für einen unserer Artikel. Vor zirka einer Woche kam es dann zu einer musikalischen Begegnung, die uns aufhorchen ließ, denn die Melodie klang nicht nur sehr ähnlich, sie klang sogar sehr gleich.

Aaron hat Werksraub betrieben, und das nicht zu knapp. Verwunderlich ist, dass die involvierten Künstler davon gar nichts bemerkt haben wollen. Wie konnten wir Aaron und seinen Leuten auf die Schliche kommen? Relativ simpel sogar, denn es bedarf lediglich gutem Gehör, einer Musikerkennungssoftware, Recherche und etwas zeitlichem Geschick. Die Gelegenheitsplagiatsjäger von Buckminster NEUE ZEIT steigen früh in den Song ein und bekommen von zwei Apps ganz unterschiedliche Ergebnisse ausgeworfen. Zunächst aber die Version von Aaron und seinem Team:

Eine zusätzliche Recherche bei YouTube zeigt, dass die Single „So much to say“ zweimal in den oberen Suchergebnissen auftaucht. Bei der offiziellen Version mit der eingeblendeten Keygrafik ist die Kommentarfunktion gesperrt, wohl aus gutem Grund. Bei der darunterliegenden Version mit dem unscharfen monotonen Video ist die Kommentarfunktion offen, weswegen wir auch einen Hinweis zu dem Künstler JustChase ablesen konnten. Den melodischen Zwilling haben wir folglich hier (Walking Ocean), hier (JustChase) und hier (Daniel James) gefunden. Ausschlaggebend für die Suche war die Akustikversion Walking Ocean/Let Go, die autogeneriert eingespielt wurde, als gerade Hintergrundmusik bei uns im Büro lief. Das rein akustische Werk „Walking Ocean – Let Go“ erschien öffentlich bereits im vergangenen Jahr, weit vor dem Release von Carter also. Der Künstler JustChase (der wohl auch nur abgekupfert hat), kreierte mit „Lost Without You“ eine Version nach seinem Geschmack. Und der Amateursänger Daniel James nennt seine Interpretation „Forever Love“ und präsentiert sie bei SoundCloud. Vier verschiedene Stücke auf ein und dieselbe Melodie. Das war’s mit dem Grammy. Der ist bedient und rannte kreischend davon.

Noch offensichtlicher wurde das kopierte Gebilde, als wir uns das Coverbild von Aarons Promomaterial genauer ansahen und den Ursprung überprüften. Kaum jemand zweifelt vermutlich daran, dass es Carter persönlich ist, der auf dem Berg steht und den Sonnenuntergang auf sich wirken lässt. Seine Statur und das Optische sehen bei bloßer Betrachtung passend aus. Und es ergäbe auch Sinn, dass Herr Carter persönlich auf seinem eigenen Cover zugegen ist. Oder etwa nicht? Um es kurz machen: Das Bild ist kopiert; auf dem Berg steht nicht Aaron Carter. Wir sehen das Original, abrufbar unter diesem Link. Die Grafik muss einfach nur in die Google Rückwärts- bzw. Bildsuche eingefügt werden, damit die Ergebnisse offenbar werden. Bei Verwendung des Bildes in Schwarz/Weiß mit dem Titel des Songs und dem Schriftzug Aaron Carter deuten alle Fundstücke der ersten Seiten auf Carter selbst. Das (farbige) Original zeigt sich erst weiter hinten. Zur Abkürzung bzw. Vereinfachung sollte das Bild vor der Suche gecropt, also beschnitten oder gestutzt, werden. Es verbleiben dann die relevanten Bildinformationen unter den Schriftzügen, die zu eindeutigen (entlarvenden) Suchresultaten führen.

Für Aaron Carter ist es tragisch. Der ersehnte musikalische Erfolg tritt nicht ein, zu Justin Bieber, der Carter gegenüber nicht gebührend dankbar gewesen sein soll (Aaron meint: He ‚Paved the Way‘ for Today’s Pop Stars), wird er niemals aufschließen können. There is no competition either. Aarons mentale und körperliche Gesundheit sind bedroht, ein neu geborenes Kind verlangt Disziplin, Hingabe und Verantwortung. Einnahmen durch pornografische Aufnahmen, die ins Internet gestellt werden und später dort kursieren. Carters Geist haftet an der Vergangenheit; es sind so viele Geschichten und „offene Rechnungen“, die er nicht abschließen konnte. Für einen einzelnen Menschen sind das u.E. ganz erhebliche Belastungen. Ein großes, hinzugekommenes, Problem unserer Gesellschaft, das sich auch im Kleinen auswirkt, ist ihre Gleichgültigkeit. Würden alle Menschen mehr aufeinander Acht geben und sich nicht unnötig gegenseitig anfeinden, hätten wir ein spürbar friedliches, wohltuendes und aufeinander bezogenes Miteinander auf unserem Planeten.

Abrunden möchten wir den Part „Aaron“ mit einem Kommentar, der uns berührt hat, und der all das zusammenfasst, woran sich die Oberflächenspannung bemisst:

Ich wünschte, ich könnte ihn in den Arm nehmen und ihn so lange an meiner Schulter ausweinen lassen, wie er braucht, um zu heilen. Er wurde von seiner Familie im Stich gelassen, von der Industrie im Stich gelassen, von der Öffentlichkeit im Stich gelassen, schlecht gemanagt und schon so lange ausgesaugt. All seine Angeberei, seine Drogenprobleme, seine Süchte und seine Exzesse schreien die Worte „Helft mir“ heraus, doch niemanden um ihn herum scheint das zu interessieren!

Oh Aaron

Weiter geht es mit Anonymous und der Frage, ob es möglich wäre, einen sogenannten Hacktivisten aus seiner Anonymität zu heben. Das Kollektiv gibt sich gerne dezentral organisiert. Die Plattform AnonLeaks existiert nach Aussage der Betreiber bereits mehrere Jahre. Wer die Seite anpingt, landet unzufrieden auf den Seychellen.

Ping wird ausgeführt für anonleaks.net [185.247.225.27] mit 32 Bytes Daten:
Antwort von 185.247.225.27: Bytes=32 Zeit=59ms TTL=55
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Der Ping-Befehl kann entweder nur die Domain oder jeweils danach -4 (für IPv4) bzw. -6 (für IPv6) enthalten.

Zuerst die leicht recherchierbaren und auf der Anon-Plattform mithin sichtbaren Informationen: Für die Toplevel-Domain .net ist Verisign als Registrar inthronisiert. FlokiNET ist ein Serviceprovider (Hosting & Co.) mit Sitz auf den Seychellen und einem Postfach in Island. Weit weg und unerreichbar also. Anders als beispielsweise die Denic, an die berichtigte Anfragen zu Eigentumsverhältnissen von .de-Domains gestellt werden können. Bei der Denic heißt es dann:

„General Request – Sie können diese Kontaktmöglichkeit für allgemeine und technische Anfragen zur Domain nutzen. Abuse Contact – Sie können diese Kontaktmöglichkeit für Anfragen und Hinweise hinsichtlich einer womöglich rechtswidrigen oder missbräuchlichen Nutzung der Domain nutzen.“

Das Verschleiern und Verstecken beherrschen die Anons normalerweise aus dem ff. Was sind eigentlich Hacktivisten?

No Violence Required

Das Bundeskriminalamt schreibt in seiner Feldstudie:

„Hacktivisten nutzen ähnliche Vorgehensweisen wie andere Cyberkriminelle – wie z.B. DDoS-Angriffe, Web-Defacements, Ausspähen von Daten etc. – jedoch mit einer anderer Zielrichtung: So agieren Hacktivisten niemals profitorientiert, sondern um sich für ideologische Zwecke und Prinzipien einzusetzen und Sympathisanten zu mobilisieren. […] Fundierte Erkenntnisse zu diesem Phänomen gibt es kaum. Literatur und Studien zum Hacktivismus sind rar. In Medien, Politik und Gesellschaft herrscht Begriffsverwirrung, Hacktivismus wird hier häufig mit Cyberterrorismus verwechselt oder per se mit profitorientierten Cyberkriminellen gleichgesetzt. […] Die Grenzen verschiedener Cybercrime-Phänomene verschwimmen jedoch nicht nur in der Kommunikation, auch in der Realität ist der Übergang von einem Phänomen zu einem anderen häufig fließend und nicht trennscharf. In vielen Fällen ähneln sich die Vorgehensweisen und Tatmittel verschiedener Cybercrime-Phänomene, jedoch unterscheiden sich die Phänomene in Motivlage und Angriffsziel voneinander. Die Motive und Zielrichtungen der Deliktsbegehung sind entscheidend bei der Zuordnung von Taten zu Phänomenbereichen.“

„Der Begriff Hacktivismus beinhaltet die Konzepte Hacking und Aktivismus: Das Nutzen von Hacking- bzw. IuK-Tools für die Verdeutlichung und Durchsetzung bestimmter politischer wie sozialer Ziele (Ideologien) bildet die Schnittmenge beider Konzepte. Die Hacking-Tools werden hierbei u.a. für Protest- und/oder Propagandazwecke eingesetzt und sind nicht profitorientiert, d. h. hacktivistische Taten zielen nicht darauf ab illegal materielle und finanzielle Gewinne zu erzielen (wie z.B. das Phishing). Anders als finanziell motivierte Hacker veröffentlichen Hacktivisten aus ideologischen Gründen bspw. gestohlene Daten wie Zugangspasswörter, persönliche und vertrauliche Informationen, E-Mail-Adressen usw. im Internet.“

Strafbarkeit:

„In der Fallanalyse wurde zudem überprüft, welche Vorgehensweise unter welchem Straftatbestand subsumiert und erfasst wurde. Web-Defacements fielen hier – ebenso wie DDoS-Angriffe – insbesondere unter § 303 a StGB (Datenveränderung). Das Ausspähen von Daten wurde überwiegend unter § 303 b StGB (Computersabotage) eingeordnet, aber auch unter § 202 a StGB (Ausspähen von Daten) sowie unter § 202 b StGB (Abfangen von Daten) und § 43 II 2,3 BDSG (Ordnungswidrigkeit personenbezogene Daten ausspähen/bereithalten). Das Verändern und Löschen von Daten wurde in einem Fall unter § 303 a StGB (Datenveränderung) und in einem anderen Fall unter § 303 b StGB (Computersabotage) gestellt.“

Anonymous:

„Anonymous ist ein loser Zusammenschluss von Hackern und Hacktivisten, dessen Größe nicht fest, sondern abhängig von verschiedenen Faktoren wie z. B. gesellschaftlichen oder politischen Ereignissen an- und abschwellend ist. Daneben weist die Gruppierung – wie viele andere hacktivistische Gruppen auch – keine (ausgeprägte) hierarchische Führungsstruktur auf, kommunizierte Inhalte und Aktionen werden weder kontrolliert, zensiert noch moderiert. Weitere Merkmale mit denen sich die Gruppe der Öffentlichkeit präsentiert, sind zum einen die Guy-Fawkes-Maske und zum anderen der Slogan: „Anonymous is Legion. We do not Forgive. We do not Forget. Expect us.“ Das Abbild der Maske sowie der Slogan werden u.a. für Pressemitteilungen, Inhalte von Web-Defacements und YouTube-Videos genutzt. Die Mitglieder der Gruppe nennen sich selber „Anons“.“

Über die AnonLeaks Plattform verkünden die Aktivisten: „Die Wahrheit dahinter kann natürlich sehr schwer zu verdauen sein und viele wollen diese Wahrheit nicht akzeptieren. Denn am Ende sind es einfach nur anonyme Menschen (unabhängig vom Alter, Geschlecht, Hautfarbe, Religion, Beruf, etc.) welche (angehende) Parteien, Politiker, andere Bewegungen oder Firmen zerlegen oder bloßstellen, weil Fehler gemacht wurden. Dafür muss man von niemanden gesteuert oder bezahlt werden. Dafür braucht man nur Elan, Kreativität, aktivistische Motivation und Menschen mit individuellen Fähigkeiten. Bei Anonymous gibt niemand Themen vor, niemand macht Ansagen. Es finden sich Menschen mit denselben Ansichten für Aktionen zusammen und wer sich mit dem nicht identifiziert, muss nicht mitmachen. Und mal ganz ehrlich: Wie möchte man ein (Internet)-Kollektiv ohne große Strukturen und ohne Anführer unterwandern oder gar steuern? Das geht einfach nicht, fertig aus.“

Die Veröffentlichungen:

AnonLeaks dient als Plattform für die Veröffentlichung von Beute aus diversen Streifzügen im Internet. Der Informations- und Lesegehalt ist meistens sehr hoch, der Selbstanspruch offenbar auch. Ein Fall ist bekannt, bei dem lediglich Gastbeiträge anderer Hacker übernommen und veröffentlicht wurden. In solchen Fällen stellen die Anons ihre Plattform bereit und begnügen sich mit einem Einleitungstext oder einer Grafik, wie wir hier sehen:

Im Namen des Kollektivs schreibt der unbekannte Moderator (der übrigens häufig am Werk ist) den Hinweis: „Dieser Artikel ist ein Gastartikel einer Gruppe von Hackern. Wir haben diesen Artikel auf Wunsch unverändert übernommen. Wie üblich bei uns, wird auch dieser unter dem Autorennamen AnonLeaks veröffentlicht. Ihr braucht gar nicht erst zu fragen, wer es ist, denn wie immer wurde er anonym zu uns durchgestochen. Wir wissen es nicht. Und selbst wenn, wir würden es nicht sagen. Klar soweit?“

„Wie üblich bei uns, wird auch dieser unter dem Autorennamen AnonLeaks veröffentlicht.“

Dazu hat Buckminster NEUE ZEIT die folgende Ergänzung:

AnonLeaks ist nur der optische Autor.

Wer die Plattform anonleaks.net untersucht, wird zügig zu der Information gelangen, dass die Seite mit WordPress aufgesetzt ist, da sich der Name des Templates im Quelltext befindet. Die Anons haben das Theme „Twenty Twenty“ unaufgebohrt und ohne nennenswerte Individualisierung übernommen. Anders verhält es sich zum Beispiel, wenn ein Template für prinzipiell passend befunden und im Zuge der Ausgestaltung bzw. Ausarbeitung auf individuelle Bedürfnisse und Identitätsmerkmale zugeschnitten wird. Heutzutage muss das Webseitenrad nicht mehr neu erfunden werden, auf den Mix kommt es an. Aber weiter im Text.

Der optische User AnonLeaks tritt für jeden veröffentlichten Artikel als Autor auf. Das ist das, was man lesen und sehen kann. Im Backend ist aber ein anderer Autorenname (möglicherweise unbedacht) angelegt. Es gibt zwei Wege, das zu untersuchen: 1.) Element untersuchen; 2.) Link im neuen Tab öffnen (AnonLeaks interagiert). Dazu zwei Screenshots (1. Screenshot -> Information in der linken oberen Ecke; 2. Screenshot -> Elementuntersuchung):

Wir erkennen den Autor bzw. User „anonroot“. Diesen gibt es zweimal. Anonroot und Anonroot2 (zur Überprüfung einfach die 2 aus dem Link entfernen, denn wenn jemand eine 2 anlegt, gibt es erfahrungsgemäß auch eine Blankoversion ohne Nummer).

Unter Anonroot wurde bislang nur ein einziger Artikel veröffentlicht, nämlich der zuvor benannte Gastbeitrag der angeblichen Hacker: https://anonleaks.net/author/anonroot/

Unter Anonroot2 wurden alle anderen Artikel veröffentlicht, die sich, wie wir hier sehen, über 14 Seiten Blogroll erstrecken (das Template wurde kurzzeitig auf Dark umgestellt); https://anonleaks.net/author/anonroot2/:

Die Unebenheit bei der Wahl der Autorennamen gab uns Anlass zur Recherche. Was finden wir über ein Pseudonym namens Anonroot?

Unsere Suche (diese zur Eingrenzung auch nach deutschsprachigen Ergebnissen gefiltert) führt uns zu einem Internetuser, den wir grundsätzlich interessant finden, weswegen wir ihn genauer betrachten wollen. Er (oder sie; wir denken aber eher er) tritt unter „AnonRoot“ mit dem zusätzlichen Pseudonym „DonnyDoe“ auf. 2018 wurde DonnyDoe Mitglied in dezentralen sozialen Netzwerken, namentlich PeakD und Ecency (powered by Hive). Beide Profile befinden sich in einem ganz bestimmten Ökosystem, weswegen sie sich nicht wesentlich voneinander unterscheiden. Wir erkennen eine mutmaßliche Anonymous Zugehörigkeit des Users an einigen spezifischen Informationen im Nutzerprofil (lediglich das Profilbild verwundert doch sehr) – We do not forgive. We do not forget. Expect us. Zur besseren/größeren Ansicht bitte auf die Bilder klicken:

Hive Ecosystem: Hive has a thriving ecosystem of over 126 apps, communities & projects and is home to some of the most-used Web3 apps in the world, such as Splinterlands, PeakD and HiveBlog.

Wir sind testweise Mitglied bei Ecency geworden und erhielten zum Zwecke der Anmeldung ein 52-stelliges Passwort. Die Registrierung am Desktop bei PeakD war zum wiederholten Mal nicht möglich. Dennoch sind viele Informationen, Profile und Communities hinterlegt und von außen einsehbar; zumindest kann so ein grober Eindruck von der Organisation von Teilen der Microblogger Szene gewonnen werden. AnonRoot (DonnyDoe) war auf diesen Foren zuletzt vor zirka zwei Jahren aktiv. Auf PeakD folgten oder folgen ihm diese Profile; er selbst folgt(e) jenen Profilen.

Die Suche führte uns noch weiter.

Wir ändern den Suchfokus zwischenzeitlich auf „DonnyDoe/Donny Doe“ und stoßen auf weitere Aktivitäten dieses Namens im Netz, wie z.B. hier:

Ein Klick auf Donny’s Profil führt uns zu dieser Seite. Da wir pingelig sind, fällt uns auf, dass DonnyDoe mit und ohne Leerzeichen zwischen Donny und Doe existiert. Die Version ohne Leerzeichen würde dem typsichen Anon-Duktus entsprechen -> AnonLeaks, AnonRoot etc.; dass ein innerer Zusammenhang zwischen DonnyDoe und Donny Doe besteht, schließen wir nicht aus. Es gibt Portale und Plattformen, die strikt zwischen Vor- und Nachnamen trennen, eine Zusammenführung ist dann jedenfalls nicht möglich.

Wir extrahieren das Profilbild und schicken es durch die Google-Rückwärtssuche:

Über die Rückwärtssuche und mit Blick auf die deutschsprachigen Ergebnisse, gelangen wir zu einem Userprofil mit identischem Bild auf der Plattform „Buffed“ -> im Übrigen eine .de-Domain mit richtigem Impressum

Dass der Username hier abweicht, ist an sich kein Hindernis, da es nie ratsam sein kann, immer nur ein Pseudonym zu verwenden. Aus eigener Erfahrung können für eine Person, die im Internet unterwegs ist, mindestens 7-10 verschiedene Pseudonyme und E-Mail Adressen zutreffen. Der Name NarYethz lässt sich einem World Of Warcraft Charakter ableiten. Auffällig ist auch hier das wiederkehrende Muster eines Versals in der Namensmitte. Auf dem Buffed-Profil finden wir die folgenden Profilinformationen:

Gender: Männlich
Location: Schwaben
Interests: RPGs in MMOs und EgoShootern (steht für Role-Playing Games in Massively Multiplayer Online Games)

Bei genauerem Hinsehen und anschließender stichprobenartiger Vergleiche, fallen uns sprachliche Feinheiten auf, die sich in der AnonLeaks-Kommunikation bereits manifestiert haben, z.B. die Worte „nope“, „funny“, „Nein Spaß“. Diese linguistischen Auffälligkeiten stellen wenn überhaupt subtile Indizien dar; es kann sich um völlig verschiedene Personen handeln. Trotzdem macht es Spaß, sowas zu entdecken und die Frage aufzuwerfen, ob sich ein Zusammenhang nachweisen ließe. „Nope“ haben wir in diesen AnonLeaks-Artikeln entdeckt (häufig in den Kommentaren des Moderators; einfach mit Strg+F auf den Seiten suchen): Nope1, Nope2, Nope3, Nope4, Nope5, Nope6, Nope7 // „Nein Spaß“ kommt hier gleich zu Beginn vor // Außerdem werden oft … Punkte gesetzt.

Wesentlich interessanter finden wir den Umstand, dass ein User mit dem Namen DonnyDoe auf den Seiten der Einbock GmbH unterwegs war. Dahinter steht das sogenannte „JuraForum„, in dem Rechts- und Ratsuchende Fragen stellen können, in der Hoffnung, möglichst bald einige hilfreiche Antworten zu bekommen. Am 28. September 2020 erkundigte sich das „Neue Mitglied“ DonnyDoe folgendermaßen:

„Durchsuchung bei Gefahr im Verzug: Person A befindet sich zur Nachtzeit in seinem geschlossenen Lokal / Restaurant und hört dort laut Musik. Der Nachbar von Person A ruft die Polizei und meldet einen Verdacht auf Einbruch. Die Polizei stellt an der Tür Hebelspuren (von vergangenen Delikten) fest und fordert Person A zum Öffnen der Tür auf. Person A (der Polizei als Besitzer bekannt) öffnet diese und sagt den Polizisten an der Tür, dass kein Einbruch stattfindet. Diese drängen sich mit gezogenen Waffen an Person A vorbei und Durchsuchen die Örtlichkeit. In wie fern greift hier Gefahr im Verzug, wenn diese bereits vor der Durchsuchung geklärt wurde?“

Es würde uns wundern, wenn auf den Servern des JuraForums nicht verwertbare Spuren zur Erforschung der Klaridentität von DonnyDoe verblieben wären.

Zum Abschluss möchten wir zu dem generellen Pseudonym AnonRoot zurückkehren (wir wollen pauschal keine Verbindung mit AnonLeaks unterstellen, finden den Namen jedoch überprüfenswert): Auf der Plattform webestools.com (free online tools for webmasters services) dürfte es in der Vergangenheit zu einem Datenleck gekommen sein, denn uns sind bei der Recherche zwei Links begegnet, die auf eine vollständige Offenlegung von Nutzernamen und E-Mail Adressen hindeuten. Die Links führten bei Google aber ins Niemandsland, weswegen wir die Wayback Machine bemüht haben, mit dem Resultat, dass dort das Mitglied 7273 als „AnonRoot“ registriert war. Bei der Sichtung im Archiv der Wayback Machine driftet die Tabelle merkwürdig auseinander, wir haben die relevanten Informationen daher als Screenshots festgehalten. Hier ist die Archivierung der mutmaßlichen (ungewollten) Datenfreilegung zu sehen. Es hat sich herausfiltern lassen, dass das Mitglied mit dem Namen AnonRoot die folgende E-Mail Adresse genutzt hat: darkpirateawaken@gmail.com // Diese existiert auch heute noch, jedenfalls sieht sie bei Google weiterhin geblockt bzw. reserviert aus. Wer darüber hinaus noch Muße hat, kann sich durch 14.000 Seiten User klicken und überprüfen, wer bei Webestools noch Member oder wer bereits deleted ist.

Würde man als von (destruktivem) Hacktivismus betroffene Person/Institution nun weiterforschen und einen möglichen Täter ermitteln (oder ausschließen) wollen, ginge dies zumindest relativ unkompliziert über eine Strafanzeige bei der Amts- oder Staatsanwaltschaft gegen Unbekannt. Die erkennende Behörde bzw. die amtliche Stelle wendet sich anschließend mit einer Accountabfrage an Google Irland. Google Irland sollte dann in der Lage sein, die Identität des Nutzers dieser E-Mail Adresse freizugeben. Und auch wenn das Ergebnis zu keinem richtigen Treffer führt, so hat es zumindest einen Versuch in greifbarer Nähe gegeben.

Uns hat die Recherche in der Welt der Anons und Aarons sichtlich Freude bereitet. Unser Geist braucht nun wieder etwas Ruhe und Zurückgezogenheit. Wir wünschen Ihnen eine beseelte und glückliche Weihnachtszeit. Bis bald und freundliche Grüße 🙂